Verkehrsrecht: Die sieben Todsünden des Straßenverkehrs

Die meisten Menschen kennen die sieben Todsünden vor allem aus der Kirche und denken dabei besonders an schwerwiegende Vergehen wie Hochmut oder Neid. Aber auch im täglichen Straßenverkehr gibt es sieben Verstöße, die der Gesetzgeber besonders scharf bestraft und die deshalb von vielen Anwälten ebenfalls als Todsünden bezeichnet werden, weiß Tom Louven, Rechtsanwalt für Verkehrsrecht und Partneranwalt von Geblitzt.de:

„Diese sieben Verhaltensweisen sind in Paragraph 315c Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches zu finden. Während die meisten Delikte im Straßenverkehr als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, handelt es sich bei diesen Verfehlungen jedoch um Straftaten, sofern dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden.“  Was genau aber fällt darunter?

1. Missachten der Vorfahrt

Wer die Vorfahrt missachtet, riskiert möglicherweise leichtfertig das Leben anderer. Jedoch wird nicht jedes Mal Paragraph 315c StGB herangezogen. So sind Verstöße ohne Gefährdung oder Sachbeschädigung grundsätzlich nur mit einem einfachen Bußgeld belegt. „Sobald es jedoch hierbei zu einer Gefährdung des Straßenverkehrs im Sinne von Paragraph 315c StGB kommt, droht eine strafrechtliche Verurteilung mit Geld- oder Freiheitsstrafe, drei Punkten in Flensburg bis hin zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis“, warnt Tom Louven.

2. Falsches Überholen

Wenn Autofahrer auf dem Weg zu einem wichtigen Termin hinter langsamen LKWs oder Traktoren auf der Landstraße feststecken, müssen sie geduldig auf eine sichere Überholmöglichkeit warten. Überholen darf gemäß Paragraph 5 Abs. 2 StVO nur, wer übersehen kann, dass während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Bei sog. unklarer Verkehrslage ist das Überholen unzulässig.

3. Überfahren von Fußgängerüberwegen

Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht sollten im Straßenverkehr immer herrschen – nicht umsonst beginnt genau damit auch die Straßenverkehrsordnung. Besonders an Fußgängerüberwegen gilt es verstärkt aufzupassen. Denn wer beispielsweise den Vorrang der Fußgänger nicht beachtet oder zu schnell heranfährt, begeht die nächste Todsünde.

4. Hohe Geschwindigkeit an unübersichtlichen Stellen

Viele kennen es: Kurz nicht auf den Tacho geachtet und schon ist die Geschwindigkeit deutlich zu hoch. Mit etwas Pech gibt es dafür auch noch ein Knöllchen. „Bei einer herkömmlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind selbst bei einem hohen Tempo-Verstoß ohne weitere Besonderheiten maximal ein Bußgeld mit Fahrverbot und Punkte in Flensburg zu erwarten“, so Louven.

Anders ist die Situation aber an unübersichtlichen Stellen, Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen. „Wer an einer solchen Stelle zu schnell fährt und hierdurch eine Gefährdung für Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert herbeiführt, riskiert eine Bestrafung nach Paragraph 315c StGB“, ergänzt der Rechtsanwalt.

Gefahren mi Verkehr vermeiden!

Gefahren im Verkehr vermeiden! / © geblitzt.de / shutterstock.com – Abdulaziz Aldalati

5. Rechte Seite der Fahrbahn nicht eingehalten

Eine weitere Todsünde liegt vor, wenn an einer unübersichtlichen Stelle die rechte Seite der Fahrbahn nicht eingehalten und ein Teil der linken Fahrbahn in Anspruch genommen wird, zum Beispiel an Bergkuppen, vor allem aber durch Kurvenschneiden.

6. Geisterfahrer

Für viele Autofahrer ist es die Horror-Vorstellung schlechthin: Aus dem Nichts kommt einem auf der eigenen Fahrbahn ein Falschfahrer entgegen. Aufgrund der Brisanz und der Gefährlichkeit dieses Verhaltens ist es eine Todsünde, auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen zu wenden sowie rückwärts und entgegen der Fahrtrichtung zu fahren.

7. Fehlverhalten bei einer Panne

Nach einer Panne schwirren viele Gedanken durch den Kopf: Wen muss ich verständigen? Wie komme ich nach Hause? Schnell wird dabei aber vergessen, das vorgeschriebene Warndreieck aufzustellen und damit das liegengebliebene Fahrzeug für andere gut erkennbar zu machen – die siebte Todsünde im Straßenverkehr.

Dann droht ein Strafverfahren

Nicht alle dieser Vergehen sind jedoch automatisch strafrechtlich relevant, erklärt Tom Louven: „Um die Stufe zur Straftat zu überschreiten, müssen durch das Verhalten nicht nur das Leib oder Leben anderer oder auch fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden. Insbesondere muss der Verkehrsteilnehmer grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt haben.“

Dann kann eine Geldstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen. Dabei bleibt es laut Louven aber nicht: „In der Regel wird der Täter bei einer Verurteilung vom Gericht zusätzlich als ungeeignet für die Teilnahme am Straßenverkehr eingestuft.“ Dies hat eine Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge.

Noch gerechtfertigt?

Ob die Auswahl der Sünden heute überhaupt noch gerechtfertigt ist, wird intensiv diskutiert, denn der entsprechende Paragraph wurde schon 1964 in das Strafgesetzbuch aufgenommen. So führt beispielsweise das fehlende Kennzeichnen einer Panne statistisch kaum zu schweren Unfällen und zieht in nur 0,03 Prozent der Fälle einen Unfall mit Todesfolge nach sich. Zum Vergleich: Das Missachten der Vorfahrt führt zu 28 Prozent zu einem lebensgefährlichen Unfall.

Ein zu geringer Sicherheitsabstand ist ähnlich gefährlich, aber bisher nicht Teil des betreffenden Paragraphen. Auch das Benutzen des Handys am Steuer fehlt, obwohl dies schnell zu gefährlichen Situationen führt. „Bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h genügen 2 Sekunden Ablenkung, um 60 Meter blind zurückzulegen“, weiß Louven. Daher stellt er auch abschließend fest: „Eine Reformation seitens des Gesetzgebers ist dringend erforderlich.“

Quelle / Fotos: geblitzt.de

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